Modernes Volksstück von Ferdinand Schmalz

Vor dem Ort soll auf bisher sumpfigem Grund ein Gewerbepark mit Einkaufscenter eröffnet werden. Ein Prestigeprojekt des Bürgermeisters, das mithilfe von Investoren die Region attraktiver machen soll. Doch kaum steht der Bau, gibt es erste Risse im Beton, das Moorwasser aus dem Untergrund bahnt sich seinen Weg zurück an die Oberfläche. Und dann macht auch noch eine Mordserie den Eröffnungsplänen des Bürgermeisters zu schaffen. Im Moor findet man zwei Frauenleichen,
beide ohne Herz. Um die Eröffnungsfeier nicht zu gefährden, beauftragt der Bürgermeister den Nachtwächter Andi mit Ermittlungen. Andis Herz schlägt für Florentina, die draußen im Moor lebt, doch die verfällt nach und nach einem charismatischen Fremden, der zu wissen meint, was die Menschen am Herzen drückt. Und Irene, die mit ihrem Fußpflegestudio ins neue Einkaufscenter ziehen will und ihr Herz an den Bürgermeister verloren hat, weiß wo die Leute der Schuh drückt. Bei der Eröffnungsfeier kommt es zur Eskalation. Nachtwächter Andi stellt dem Herzerlfresser eine Falle. Und womit ginge das besser als mit einem Frauenherz?

Ferdinand Schmalz hat eine absurd-komische Kriminalgeschichte geschrieben. Mit verspielter und fantasievoller Sprache beschreibt er eine ökonomisierte und herzlose Lebenswelt. Seine grotesk tragikomische Farce über Liebe, Konsum und Perversion trifft Mark und Zwerchfell. Er ist 1985 in Graz geboren und erhielt 2013 den Retzhofer Literaturpreis. 2014 wurde er in Theater heute zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gewählt und 2017 gewann er den Ingeborg-Bachmann-Preis.

Infos


Dauer: 90 Minuten – Keine Pause
 Kathrin Kestler, Gerd Plankenhorn, Karlheinz Schmitt, Marc Bernhard, Cathrin Zellmer
Autor: Ferdinand Schmalz
Regie: Christoph Biermeier
Dramaturgie: Georg Kistner
Regieassistenz: Berthold Biesinger,
Bühne & Kostüme: Claudia Rüll Calame-Rosset
Musikalische Leitung: Thomas Unruh
Premiere: 29.02.2020

Pressestimmen

  • Der Herzerlfresser ist Groteske und Moritat, Volksstück und Zeitstück, schrille Variante absurden Theaters mit allerhand Slapstick-Komik und Travestie. Und die durchaus modischen Accessoires von Öko, Krimi, Mystery dürfen nicht fehlen. Die Mischung macht’s. Das alles, versteht sich, mit seinem Gran an Ironie. Reich an Bildern und Symbolen, Allegorien und Anspielungen steigt die Sprache von Ferdinand Schmalz mit Blankversen, Reimen und chorischen Sentenzen in geradezu klassische Theaterhöhen, stürzt aber lustvoll wieder ab in die hohle Phrasendrescherei der Gegenwart. Das alles wird in sorgsamer Licht-, Farb- und Klangregie auf sparsam-funktionaler Bühne – am Ende bricht sie zusammen – in Szene gesetzt. Die Musik wechselt mühelos vom gregorianischen Mönchston über elektronischen Sphärenklang ins Bierzelt. Man tanzt auch Cha-Cha-Cha. Vielleicht fehlt es der rasanten Revue mit ihrem ungemein dichten Text bei der Premiere noch ein wenig an Tempo und Leichtigkeit, so in Richtung Billy Wilder. Aber das kann noch kommen.“ (Martin Bernklau)
    Reutlinger Generalanzeiger, 02.03.2020
  • „Christoph Biermeier hat seine Freude dran, die Sprachfinessen des Autors durch kleine Pausen oder Betonungen gegen den Strich hörbar werden zu lassen. Er tut auch viel um sowohl das Volksstückhafte, wie das Kunststückhafte und das Trashige zu bedienen. Und während Ferdinand Schmalz knarzend und komisch, manchmal aber auch sehr durchsichtig-allegorisch den herzlosen Verkauf des Menschen an den Markt besingt, fragt man sich kurz, ob seine Figurenwelt nicht noch verrückter, schräger, künstlicher, choreographierter angelegt gehört hätte – wo nun allerdings auch allerhand passiert: Ein blutüberströmter Metzgermeister beklagt des Dramas Pathos-Höhepunkt – das Verstummen des Menschen, wo er doch schreien müsste. Die Bühne kippt, das Eröffnungsfest tobt, padum, padum, padum, Eifersucht auch – in der Nacht der langen Messer und schnellen Pistolen. Wo derbste Komödie und packende Dramatik sich plötzlich aufs Schönste verwurschteln.“  (Peter Ertle)
    Schwäbisches Tagblatt, 04.03.2020