Pausa – Ein Stück Geschichte. Von Franz Xaver Ott.

Die Mössinger Textildruckfirma Pausa hat die Tore zur Welt aufgestoßen. Die Gründerväter und Firmenlenker haben Mut zur Moderne gezeigt. Berühmte Designer und Designerinnen haben in der Pausa zusammengefunden. Ein Zusammenwirken von Kunst und Handwerk, von Design und Technik. Inspiriert und beeinflusst vom Bauhaus in Weimar haben sie die Ideen ins kleine Mössingen am Rande der schwäbischen Alb getragen. Wir lernen die Firmengründer Felix und Artur Löwenstein, mit ihren Frauen und deren Künstlerfreunden kennen. Wir blicken in das Innere der Firma, erleben den langjährigen Firmenlenker Willy Häussler und dessen Nachfolger Werner Greiner, aber auch die Arbeiterschaft der Textilfabrik. Wir lassen uns tragen vom Auf und Ab der Firmengeschichte: von der Aufbruchsstimmung der 20er Jahre und deren Emanzipationsgedanken über die Machtübernahme der Nationalsozialisten, die Enteignung und erzwungene Emigration der jüdischen Firmenbesitzer in den 30ern bis hin zur erneuten Aufbruchsstimmung in den 50er und 60er Jahren. Mit dem Strukturwandel in den 80er Jahren hat auch die Pausa zu kämpfen und nach einem kurzen Hoffnungsschimmer Anfang der 90er Jahre verursacht durch die Wiedervereinigung, folgt der endgültige Niedergang und die Insolvenz. Nach der Jahrtausendwende stehen in der Pausa die Maschinen still, doch ihre Geschichte lebt weiter.

2019 wäre die Textildruckerei Pausa in Mössingen 100 Jahre alt geworden. In einem groß angelegten Theaterstück unter der Beteiligung der Württembergischen Philharmonie Reutlingen und mit einer großen Schauspielerschar zeigt das Theater Lindenhof eine Reise durch die Zeit von 1919 bis heute. Wir erleben Menschen mit ihrer Liebe zur Arbeit, zu Kunst und Design. Wir erleben aber auch ihren Kampf und die Verwerfungen, die Politik und Weltgeschehen hervorrufen. Wir lassen eine bemerkenswerte Firmengeschichte in all ihrer Lebendigkeit und Einzigartigkeit wieder auferstehen.

Infos



Regie: Philipp Becker
Komposition: Johannes Hofmann
Kostüme: Katharina Müller
Bühne: Beni Küng
Musikalische Leitung/Dirigent: Gabriel Venzago
Video: Alec Barth
Dramaturgie: Georg Kistner
Regieassistenz: Sandra Schumacher
Projektleitung Stadt Mössingen: Michael Hanisch
Premiere: Do 11. Juli 2019, Pausa-Bogenhalle, Mössingen

Es spielen: Ensemble des Theater Lindenhof, SchauspielerInnen der HDK Zürich und BürgerInnen aus Mössingen und Umgebung. Im Auftrag der Stadt Mössingen und in Zusammenarbeit mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen.

Besucherinfo: Auf dem Infoblatt (PDF) finden Sie wichtige Infos zum Veranstaltungsort, Hallenöffnung usw.

Pressestimmen

  • Aus Musik, Videos, Chor und Theater macht Becker ein atemberaubendes Crossover der Künste, das er in der ganzen Tiefe und Breite der Pausa mit 100 Mitwirkenden vor dem Publikum entfaltet. Autor Franz Xaver Ott und Regisseur Philipp Becker sezieren dabei die simple Wahrheit, dass das Kleine ins Große wirkt, dass das Private auch politisch ist. […] Eine Glanzleistung, die alle Mitwirkenden in dieser Inszenierung abliefern. (Erika Rapthel-Kieser)
    Schwarzwälder Bote, 13.07.2022
  • „Aufstieg und Fall einer Firma“ – das klingt nach Brecht, nach Lehrstück und Dialektik. Die Mössinger Firma heißt Pausa, und in ihren denkmalgeschützten Hallen inszenierte Philipp Becker die Chronik des bewährten Lindenhof-Geschichtsschreibers Franz Xaver Ott mit Musik von Johannes Hofmann. Die ausverkaufte Premiere am Donnerstagabend war ein Fest und wohl auch der Höhepunkt des Festivals „100 Jahre Pausa – 100 Jahre Bauhaus“. An Brecht’schen Verfremdungseffekten fehlte es nicht. Deren Verdichtung – und eine ganz besondere Pointe – bewahrte sich „Aufstieg und Fall einer Firma“, Pausa – ein Stück Geschichte“ bis fast zum Schluss auf. Neben dem Lindenhof-Ensemble waren wieder die Württembergische Philharmonie Reutlingen und eine über 40 Mössinger Mitspieler starke Gruppe von Arbeiter-Statisten auf der Bühne. Dies Bühne und ihre schier unermessliche Tiefe spielte natürlich eine ganz eigene und besondere Rolle. […] Aus der Not dieser grandiosen Tiefe des Raums mit dem endlosen Laufsteg machte Regisseur Philipp Becker eine Tugend, die an die besten Zeiten des Tübinger Zimmertheaters erinnerte, als das Duo Dünßer-Kukla erstmals Video einsetzte. Zwei Leinwände vorn und eine weitere ganz am Ende der Bogenhalle wurden live von einem Filmteam aber auch mit vorgefertigten Clips und dokumentarischen Szenen bespielt: Perspektivenwechsel oder verrätselt-verfremdete Dopplung der Szene, Nahaufnahmen und Zoom aufs Fernste.  [… ] In den zwei durchgängig tragenden Rollen des Pausa-Hausmeisters und der verschiedenen Schultesse (bis hin zum ersten OB Werner Fifka) glänzten Berthold Biesinger und der ewig die Fräcke wechselnde Karlheinz Schmitt. „Hört genau hin! Die Massen betreten die Bühne der Geschichte“, sagt der Ansager zum Einzug des Orchesters und der Statisten. Ein bisschen viel an Reden, Parolen, Berichten und Manifesten, auch an lehrhaften Sinnsprüchen und Merksätzen begleitet schon diesen Aufstiegsteil, während es an szenischer Handlung eher ein wenig mangelt. Aber die Neigung zum epischen Thesen-Theater gehört eben auch zur Brecht-Manier. (Martin Bernklau)
    Reutlinger Generalanzeiger, 13.07.2019
  • Am Donnerstagabend war die Premiere des Theaterstücks „Aufstieg und fall einer Firma. Pausa – ein Stück Geschichte“, in der Bogenhalle ausverkauft. Drei Stunden, 300 Zuschauer, 30 Musiker der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, das Lindenhof-Ensemble und Studierende der Züricher Hochschule der Künste, dazu noch über 40 Laiendarsteller aus Mössingen und der Region. […] „Herzlich willkommen zur Museumseröffnung“, ruft im Prolog der Bürgermeister, von Karlheinz Schmitt gespielt, den Gästen zu. Und tatsächlich: die Kulisse ist Museum, die Requisiten sind Ausstellungsobjekte. Die Zuschauer flanieren durch die Halle, entlang von Transportwagen und Telefonzentrale, Nähmaschine, Direktorenzimmer und Entwurfsatelier, sind gespannt auf die Geschichte, eigentlich schon mittendrin, und untereinander im Gespräch. […] Er sei begeistert, beeindruckt und gerührt, sagt Oberbürgermeister Michael Bulander in seiner Ansprache nach dem Stück. Viel Beifall für das ganze Ensemble. Den „gigantischen Eindruck“ der Halle im Zusammenklang mit Ausstellung, Schauspiel, Musik, Videoinstallation beeindruckte Sybille Maisch. Sie hat bei Herta-Maria Witzmann studiert, der berühmten Innenarchitektin, die einst die Besprechungs- und Empfangsräume im Pausa-Verwaltungsgebäude ausstattete. „Es ist wunderbar gelungen“, sagt Baubürgermeister Martin Gönner, spricht vom Mut der Theatermacher, die Dinge zu überhöhen. Das löse bestimmt Diskussionen aus, vermutet er. Und das solle es ja auch. Die Bogenhalle sei „faszinierend und faszinierend in Szene gesetzt“. (Susanne Wiedmann)
    Schwäbisches Tagblatt, 13.07.2019
  • Beim Rundgang durch die Bogenhalle bekommen die Zuschauer einen visuellen Vorgeschmack auf den „Aufstieg und Fall einer Firma“, die dann in drei Stunden mit vierzig Komparsen, den Reutlinger Symphonikern und einem mehr als zwanzig Schauspieler umfassenden Ensemble des Theaters Lindenhof grandios in Szene gesetzt wird. Eine gigantische Halle, eine gigantische Zahl an Beteiligten, ein gigantischer Theaterabend. […] Wie das Bühnengeschehen und die Filmszenen nahtlos ineinander übergehen, ist eine der zahlreichen Qualitäten dieses Theaterabends, eines überquellenden Füllhorns an Ideen, Räumen, Figuren. Der Autor Franz Xaver Ott hat mit diesem Stück mehr als eine Firmengeschichte geschrieben. Hier werden auch Hölderlin und Wolfgang Herrendorf zitiert, es treten auf: der Tod in vielerlei Gestalt und drei strickende Schicksalsgöttinnen, das Orchester spielt Ausschnitte einer eigens komponierten Symphonie, und die NS-Ideologie lässt den Bürgermeister zappeln, als sei er in die Fänge von Lord Voldemort geraten. Aber den Lindenhöflern gelingt es mal wieder, Volkstheater im besten Sinne zu machen: Denn das Volk, die Arbeiter, die fast immer gegenwärtig am Drucktisch sind, stehen im Mittelpunkt und bei allen ästhetischen Regiefinessen ist es keine abstrakt-verkopfte, sondern eine sinnliche Inszenierung geworden. […] „Ein Stück Geschichte“ heißt das Drama im Untertitel. Und genau das – wer macht sich wann welches Bild über die Vergangenheit und zu welchem Zweck – wird am End enoch mit einem Cpup in Szene gesetzt: wenn die junge Schauspielerin Isabelle Stauffenberg in einer persönlichen Ansprache ihren Großonkel ins Spiel bringt. Ein brillant gesetzter Stolperstein als Schlusspunkt eines großen Theaterabends. (Dorothee Schöpfer)
    Stuttgarter Zeitung, 17.07.2019

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