Erzählbar mit Dr. phil. Davide Brocchi über Nachhaltigkeit als soziale Aufgabe

Das Gespräch führt Stefan Hallmayer

Ob der Gesellschaft ein radikaler Wandel bevorsteht, diese Frage stellt sich heute nicht mehr. Es geht nur noch um das Wie: by design or by disaster. Wollen die Gemeinden und die Städte den Wandel lieber mitgestalten, dann entscheiden sie sich für eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit. Sie ist eine Notwendigkeit und eine Chance zugleich. Eine Chance, weil es um die Frage des guten Lebens geht. Denn: Es kann kein gutes Leben auf Kosten anderer geben, künftige Generationen inbegriffen. Und: Kein gutes Leben kann fremdbestimmt sein. Doch wie wäre es, wenn die Straßen, Plätze und Räume eines ländlichen Ortsteils oder eines ganzen urbanen Quartiers zum Gemeingut würden, das von den Bewohner*innen, Wohnungseigentümer*innen, Mitarbeiter*innen und Student*innen im Sinne des guten Lebens verwaltet und gestaltet wird, zum Beispiel als nachbarschaftliches Wohnzimmer oder als Gemeinschaftsgarten? Im Rahmen verschiedener Bürgerprojekte wie dem „Tag des guten Lebens“ in Köln und Berlin ging der Sozialwissenschaftler Davide Brocchi genau dieser Frage auf den Grund. Denn es gibt sie, die bürgerschaftlichen Initiativen, denen es in erster Linie um eine Demokratisierung und einer Stärkung des Gemeinwesens geht, um Toleranz und Gleichberechtigung, um Kooperation statt Wettbewerb. Nachhaltigkeit, so seine Überzeugung, ist eine soziale und kulturelle Aufgabe, die nur über die kollektive Selbstermächtigung aus dem Lokalen heraus und durch neue Allianzen gelingen kann. In der Erzählbar im Theater Lindenhofs werden wir mit Davide Brocchi über das Thema Nachhaltigkeit und Transformation aus sozialwissenschaftlicher Perspektive sprechen und über kreative Wege in Richtung eines guten, nachhaltigen Lebens in unseren Städten, Dörfern und Nachbarschaftsvierteln.

Dr. Davide Brocchi setzt sich seit vielen Jahren in Theorie und Praxis mit der Frage auseinander, wie ein friedliches Zusammenleben in der Vielfalt auf einem begrenzten Planeten möglich ist. Er hat Transformationsprozessen in ländlichen Regionen wie der Uckermark und dem Oberen Mittelrheintal sowie in Städten wie Köln, Berlin und Bremen aufgebaut, begleitet und darüber publiziert. Er hat in Bologna und Düsseldorf studiert und promoviert am Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim. Er wurde 1969 in Rimini (Italien) geboren, lebt seit 1992 in Deutschland und seit 2007 in Köln. Mehr über Davide Brocchi und seine Projekte auf: www.davidebrocchi.eu