Die Windmüller

Machtspiel in 100 Meter Höhe

Von Susanne Hinkelbein

Zwei Schwaben sind unabhängig voneinander beauftragt worden, eine Windkraftanlage polnischen Fabrikats zu reparieren. Sie treffen hundert Meter über dem Grund in der Gondel des Windrades aufeinander. Der eine leidet an Klaustrophobie, der andere hat Höhenangst. Keiner von beiden ist imstande die polnischen Anleitungen zu verstehen, geschweige denn die richtigen Hinweise in das Sprachmodul einzugeben. Sie stoßen bei ihren Reparaturversuchen auf eine Kette von Hindernissen und verfangen sich unweigerlich im Räderwerk der Maschinerie. Beim ultimativen Versuch die Turbine in Gang zu setzen, wird den beiden klar: Diese Windkraftanlage macht nicht aus Wind den Strom, sie macht aus Strom den Wind. Und dieses unheimlich gewordene Objekt ist im Stande noch ganz andere wunderliche Dinge zu vollbringen!

Eine äußerst reizvolle, absurd-komödiantische Geschichte über schwäbische Mentalität, Tücken der Technik und nicht zuletzt über Macht und Ohnmacht der menschlichen Existenz.

Nach etlichen sehr erfolgreichen Uraufführungen am Theater Lindenhof wie die „Arche Konrad“ „Waidmannsheil!“, „Eintagsfliegen“ und „Berta & Marta“ kommt nun dieses neue Stück aus der Feder Susanne Hinkelbeins auf die Melchinger Bühne. Die Autorin und Komponistin wohnhaft in Hohenstein auf der Schwäbischen Alb hat auch die musikalische Leitung inne. Die reizvolle, absurd-komödiantische Geschichte über schwäbische Mentalität, Tücken der Technik, Grenzen des Machbaren und nicht zuletzt über Macht und Ohnmacht der menschlichen Existenz bietet also auch etwas für die Ohren.

Siegfried Bühr hat bereits bei herausragenden Produktionen wie „Der Entenklemmer“ und „Dr‘ nackte Wahnsinn“ oder auch „Die Bahnfahrt“ Regie geführt. Diesmal arbeitet er mit seinem Sohn Finn Bühr zusammen, der die Regieassistenz übernommen hat.

Infos


90 Minuten

Regie/Bühne/Kostüm: Siegfried Bühr
  Musikalische Leitung: Susanne Hinkelbein
Premiere: 19. Januar 2017, Melchingen

Pressestimmen

  • „Ein auch nur annähernd vergleichbares Bühnenbild ward bislang nicht gesehen: Wir blicken ins Innere eines Windrads in 100 Meter Höhe. Franz Xaver Ott als großtönendes Gscheiderle mit nix dahinter, Berthold Biesinger als armes Würstchen – beide Schauspieler glänzend aufgelegt. Und da im technisch-theoretischen Trockenkurskauderwelsch der beiden Termini der Medizin, der Wirtschaftswissenschaften und des Maschinenbaus sich unentwirrbar gegenseitig durchdingen, wird schnell klar: Dieses Windrad steht für mehr. Konsequenterweise macht der eine den anderen nicht nur für das niederschmetternde Ergebnis der Reparatur, sondern gleich für alle Übel der Welt verantwortlich, von der Klimaerwärmung bis zum Syrienkrieg. Was noch wie ein Gag klingt, bekommt wenig später eine so absurd-philosophische wie ernstgemeinte Dimension. Nicht der Wind lässt hier das Windrad laufen, sondern umgekehrt, das nun endlich laufende Windrad macht erste den Wind. Eine schönere und schrägere Parabel dafür, dass der Mensch (und sein verlängerter Arm Maschine) seine Welt zu großen Teilen erst erschafft, ist kaum denkbar. Die Clownerie endet in einer Warndystopie. Ein Ende, so hart und Genregemütlichkeit zerstörend, wie es die Welt um uns herum derzeit verlangt.“
    Peter Ertle, Schwäbisches Tagblatt, 21.01.2017
  • „Begeisterter Applaus prasselte am Premiereabend auf die Schauspieler Berthold Biesinger und Franz Xaver Ott, die die Konkurrenten kongenial verkörpern. Ebenso mit überwältigendem Beifall bedacht wurde die Autorin Susanne Hinkelbein, die mit „Die Windmüller“ ein über weite Strecken hinweg ausgesprochen witziges und zugleich bitterböses Kammerspiel geschrieben hat, und Regisseur Siegfried Bühr, der die Tragikkomödie dicht inszeniert hat und zudem für das beeindruckende Bühnenbild und die Kostüme verantwortlich zeichnet. Was das Stück so sehenswert macht, ist die Spannung, die Hinkelbein und Bühr zwischen dem realistischen Setting und der ins Absurde laufenden Handlung aufbauen. Vor der unvermeidlichen Katastrophe, die dann doch ein Schockmoment für die Zuschauer ist, bleibt Hinkelbein, bleibt Bühr und den Darstellern über eine Stunde Zeit für eine differenzierende Figurenzeichnung. Biesingers und Otts Verdienst ist es, dass sie erreichen, dass man ihnen die Naivität und den Spieltrieb (in Grubers Fall) und die Motivation, angestauten Frust rauszulassen und gleichzeitig Gott zu spielen (im Falle Stöckles), voll und ganz abnimmt“.
    Christoph B. Stöhle, Reutlinger Generalanzeiger, 21.01.2017
  • „Susanne Hinkelbein hat eine wunderbar intelligente und lustige Männer-und-Technik-Satire geschrieben, so philosophisch wie handfest und so absurd wie bodenständig, auch wenn sie in luftigen Höhen spielt.(...) Mit Susanne Hinkelbeins außerordentlich kreativer, baumarktinspirierter Pseudo-Technik-Poesie, wollen sich die zwei Allmachts-Phantasten gegenseitig beeindrucken. Und so wird in „Die Windmüller“ nicht nur Handwerker- und Schwabenpsychologie, sondern auch der alltägliche Phrasenwahnsinn durchgespielt, berechtigte und irreale Ängste aufs Korn genommen sowie der lächerliche Machtkampf zwischen zwei vermeintlichen Alphatierchen.“
    Kathrin Kipp, Reutlinger Nachrichten, 20.01.2017