Weil es das Theater Lindenhof ist…
… sind Träume für die Stammgäste zum Greifen nah

Von Maribel Graf

Im eigenen Theaterhaus und bei deutschlandweiten Gastspielen werden jährlich rund 45.000 Zuschauer*innen gezählt. Unter ihnen sind zahlreiche Stammgäste, die den Lindenhof schon seit den Anfängen kennen und schätzen. Wer sind diese Menschen, die sich dem Lindenhof seit Jahren verbunden fühlen? Und wie entstehen diese Verbundenheitsgefühle? Stammgast Margarete K. antwortet auf diese erste Frage im Gespräch: „Also das sind die Generationen, die die Eltern im Zweiten Weltkrieg hatten. Und so aufgezogen worden sind in dieser ‚bleiernen Zeit‘ und dann eben die 68er-Nachfahren sind. Das heißt, wir haben alles und jedes und jeden Satz und alles kritisch hinterfragt.“ Diese Generation der sogenannten Alt-68er hat den „Anspruch auf ein ganz anderes Leben“, so der Historiker Detlef Siegfried.
Dieses ‚andere Leben‘ beschreiben die Stammgäste oft als einen Wunsch, sich durch Kunst auszudrücken. In Sätzen wie, „ich wäre auch gerne Schauspielerin geworden“ (Nina B.) oder „dastehen auf diesen Brettern und mit so einem tollen Team arbeiten“ (Sandra S.), bringen sie ihre Gedanken auf den Punkt. Sie hätten das als ‚alternativ’ wahrgenommene Schauspielleben auch gerne selbst gelebt. Aufgrund der oftmals prekären und unsicheren Arbeitsbedingungen des Schauspielberufs haben sie sich dies jedoch nie getraut. Und obwohl sie sich der Schattenseiten des Schauspiellebens durchaus bewusst sind, romantisieren und idealisieren die Stammgäste eine solche Berufswahl dennoch, wenn sie an die Truppe des Lindenhofs denken: „Das ist einfach so, man hat fast das Gefühl, die leben da gemeinsam zusammen, […] man hat irgendwie dieses Teamgefühl“, sagt Sandra S.
Für manche Stammgäste wird der Lindenhof so zu einem Projektionsort ihrer unerfüllten Träume. Ein Ort, der in ihrer Wahrnehmung nicht nur als Theater funktioniert, sondern darüber hinaus der gelebte Beweis ist, dass das ‚alternative Schauspielleben‘ eben doch möglich ist. „Also den Gedanken allein, dass es das gibt, find ich schön“, beschreibt Sandra S. weiter.
Gleichzeitig bietet der Lindenhof seinen Gästen die Möglichkeit, doch noch selbst in diesen (ungelebten) Traum einzutauchen. Durch zahlreiche Mitmach-Stücke können Theaterbegeisterte trotz ihrer eigenen, anderen Berufslaufbahn die Theaterwelt hautnah miterleben. Somit können am Lindenhof nicht nur die Schauspielenden ihre Träume leben. Das Melchinger Theater fängt mit seinen Angeboten auch die Wünsche und Sehnsüchte seiner Stammgäste ein. Verträumte Gedanken, Ängste der Vergangenheit, gedankliche Auseinandersetzungen mit dem Schauspielberuf und wehmütige Erinnerungen verfangen sich so im ausgestellten Objekt ‚Traumfänger‘ Lindenhof.