Hoffen, träumen, Trotz. Selbstzweifel und Verzweiflung hier, Zynismus und Sarkasmus dort. Es ist ein Sprechtheater, ein Gedankentheater, textgetriebenes Theater, ein paar Gags und allerlei Wortwitz eingeschlossen in dieser ersten Hälfte. Sieben Typen, zwischen Karikatur und Stilisierung konturiert, stellen dabei – von der kleinen Liebesleid-Geschichte abgesehen – lauter gleichberechtigte Nebenrollen vor. Das Team, die Truppe, das Ensemble ist das Subjekt, trägt die Hauptrolle. Aber die Theaterfamilie fällt zusammen und fällt auseinander. Völliger Wechsel nach der Pause.  Jetzt folgen fünf, sechs Nummern, die eigentlich zu den archaischsten und anarchischsten Wurzeln des Schauspiels hinabsteigen: zu Pantomime, Clownerie und Slapstick-Elementen, die zuweilen an chaplineskes Format heranreichen.

In gewisser Weise kehrt auch der Lindenhof an seine Wurzeln zurück (auf völlig andere Art als beim „Verkauften Großvater“). Es sind die starken, sehr deutungsoffenen Bilder und Symbole, die in Urszenen eingebettet werden. Luca Zahn gibt zur Einführung den französischen Conferencier in eleganter Melancholie mit Frack und Zylinder. Grandios wie die beiden, als moribunde Greise maskierten Frauen, wohl Hannah im Hof und Carola Schwelien, ein ganzes Liebesleben mit Fürsorge und Tod stilisieren. Schroff nebeneinander stehen stille Tragik, schriller Klamauk und sanfte Poesie, Apokalypse, Endzeit und Clownerie. Das Enigmatische, vieldeutig Rätselhafte und Deutungsoffene verstanden die Zuschauer sehr genau und freuten sich auch an dem improvisatorischen Charakter, den diese andere Art von Theater hatte. Ein großer und langer Applaus samt Trampeln und Johlen war der Dank. (Martin Bernklau)

Lindenhof – Wenn Theater tot wäre