„Wir hören zu und fragen uns, unter anderem: Schluss mit welchem Theater? Und ahnen natürlich: „Von Schmetterlingen und Steckenpferden“ ist auch eine Parabel auf aktuell Politisch-Zeitgeschichtliches und die überzeitlich existentielle Endlichkeit eines jeden Einzelnen. Während wir, die echten Zuschauer, von hinten aufs Bühnenbild schauen, auch während das Stück läuft, Auftritte und Abgänge von der Garderobe aus sehen. Dort, ins Gespräch der Schauspieler gepackt, gibt es Philosophisches übers Leben und die Kunst, sehr gepflegt, ein kluges, unterhaltsames Lesestück, das sich, so heißt es, auch von Gesprächen mit den Lindenhof-Schauspielern inspirieren ließ. […] In Teil II wird das Stück umgedreht. Wir sehen jetzt als Publikum nochmal Teil I, aber von vorn, wir sehen das Bühnengeschehen – und also zum ersten Mal das Bühnenbild: eine übergroße Setzkasten Wunderkammer, ein umgewidmeter Adventskalender des bevorstehenden Theatertods, eine Schachtelwand, erst noch zu füllen, ein Auftrag. Und wir sind sicher, sie kommen ihm nach, da ist Theaterhonig in jeder Wabe. Was sich so entpuppt, ist ein Schauspiel nahezu ohne Worte, ein Gaukler- und Maskenfest, eine Nummernrevue. Sofort zieht einen das Stück in seinen Bann, beginnt zu funktionieren, entfaltet Seele. Man spürt intuitiv, was Theater im Kern ist: Spielen, Bewegen, Zeigen, Schauen, Rätsel und Wunder, Clowns und Sterbende. Lustvoll wird hier der Stummfilm und das Zirkusgenre inklusive Fellini geplündert. Rino Hosennen macht Buster Keaton Sehenswert als David Konkurrenz, Luca Zahn bereitet als Goliath sowie als Conferencier großes Vergnügen, zwei Alte (Masken, Kostüme: Katharina Müller) tappern in einer Lebensallegorie über die Bühne, Beckett trifft Muppet, unheimlich und anrührend zugleich (Carola Schwelien, Hannah Im Hof). Linda Schlepps hüpft als Springteufelinenfee federleicht durch en Raum, dass es eine Freude ist, Berthold Biesinger stiftet viel Communitygefühl bei einem altmodischen Fotoshooting mit dem Publikum, und Franz Ott hascht als kindlicher Clown einem Schmetterling her, der sich am Ende auf meinen Kopf setzt und damit ein an dieser Stelle völlig unerwartetes Ich hervorruft. Das ist Theater. Da sind sie gut.“ (Peter Ertle)