„Aufstieg und Fall einer Firma“ – das klingt nach Brecht, nach Lehrstück und Dialektik. Die Mössinger Firma heißt Pausa, und in ihren denkmalgeschützten Hallen inszenierte Philipp Becker die Chronik des bewährten Lindenhof-Geschichtsschreibers Franz Xaver Ott mit Musik von Johannes Hofmann. Die ausverkaufte Premiere am Donnerstagabend war ein Fest und wohl auch der Höhepunkt des Festivals „100 Jahre Pausa – 100 Jahre Bauhaus“. An Brecht’schen Verfremdungseffekten fehlte es nicht. Deren Verdichtung – und eine ganz besondere Pointe – bewahrte sich „Aufstieg und Fall einer Firma“, Pausa – ein Stück Geschichte“ bis fast zum Schluss auf. Neben dem Lindenhof-Ensemble waren wieder die Württembergische Philharmonie Reutlingen und eine über 40 Mössinger Mitspieler starke Gruppe von Arbeiter-Statisten auf der Bühne. Dies Bühne und ihre schier unermessliche Tiefe spielte natürlich eine ganz eigene und besondere Rolle. […] Aus der Not dieser grandiosen Tiefe des Raums mit dem endlosen Laufsteg machte Regisseur Philipp Becker eine Tugend, die an die besten Zeiten des Tübinger Zimmertheaters erinnerte, als das Duo Dünßer-Kukla erstmals Video einsetzte. Zwei Leinwände vorn und eine weitere ganz am Ende der Bogenhalle wurden live von einem Filmteam aber auch mit vorgefertigten Clips und dokumentarischen Szenen bespielt: Perspektivenwechsel oder verrätselt-verfremdete Dopplung der Szene, Nahaufnahmen und Zoom aufs Fernste.  [… ] In den zwei durchgängig tragenden Rollen des Pausa-Hausmeisters und der verschiedenen Schultesse (bis hin zum ersten OB Werner Fifka) glänzten Berthold Biesinger und der ewig die Fräcke wechselnde Karlheinz Schmitt. „Hört genau hin! Die Massen betreten die Bühne der Geschichte“, sagt der Ansager zum Einzug des Orchesters und der Statisten. Ein bisschen viel an Reden, Parolen, Berichten und Manifesten, auch an lehrhaften Sinnsprüchen und Merksätzen begleitet schon diesen Aufstiegsteil, während es an szenischer Handlung eher ein wenig mangelt. Aber die Neigung zum epischen Thesen-Theater gehört eben auch zur Brecht-Manier. (Martin Bernklau)