„Unter der Regie von Christof Küster erzählt „Die ganze Hand“ mit einer klug gewählten Mischung aus Erzählerwissen, dokumentarischen und gespielten Szenen kein simples chronologisches Biopic. Vielmehr nähert sich Heppeler und mit ihm Küster dem Leben von Eugen Bolz an, in dem er einzelne „Lebenspartikel“ herausgreift: Bolz als Politiker, als gläubiger Katholik, Vater und Ehemann – und als Gefangener. Dabei setzt er bewusst Leerstellen. Denn Bolz‘ Leben bleibt trotz reichen Recherchematerials in Bild, Ton und Schrift widersprüchlich. „Wir hätten es wissen müssen!“ lautet so der vielleicht zentrale Satz, den Bolz, gespielt von Sebastian Schäfer, gleich zu Beginn und später noch mehrfach ausrufen wird. Auf der außer einigen Stühlen leeren Bühne diskutiert er mit Kurt Schumacher („Du bist doch auch auf ihn hereingefallen“) alias Franz Xaver Ott, der wie seine Ensemblemitglieder gleich mehrfach besetzt ist. Die Einspielung von Ton und Bildaufnahmen aus den 30er und 40er Jahren, dazu auf die Leinwand projizierte Schattengestalten, die den Arm zum Hitlergruß recken; an anderen Stellen Überblendungen von Fotografien mit von einer Kamera live gefilmten Bildern der Darsteller – all diese Mittel erzeugen eine verblüffende Näher für den Zuschauer, ermöglichen mühelos Zeit- wie Ortssprünge: Diese reichen vom Hohenasperg, wo Bolz 1933 mehrere Wochen in „Schutzhaft“ war, über das Kloster Beuron, zu einer – freilich – fiktiven Begegnung mit Edith Stein (Linda Schlepps), bis nach Hause zu Tochter Mechthild (wiederum Linda Schlepps) und Ehefrau Maria Bolz (Carola Schwelien), die die Jahre seines Rückzugs, in denen sein Widerstandsgeist aber schließlich die Oberhand gewinnt, einem Journalisten (Luca Zahn) ins Mikrofon schildern. „Die ganze Hand“ bietet summa summarum eine alles andere als staubtrockene, dafür erkenntnisreiche Annäherung an Bolz‘ zu Teilen durchaus auch als tragisch zu bezeichnendes Leben. Denn Bolz liefert Hitler mit der Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz den kleinen Finger – und verliert am Ende weit mehr als nur die ganze Hand: sein Leben“. (Uta Reichardt)