Hannes Stöhr, der sowohl das Drehbuch für den Film wie auch das Theaterstück geschrieben und in beiden Fällen Regie geführt hat, ist es geglückt, ein Stück echtes Leben auf die Bühne zu bringen. Das hat Tiefgang, der nicht unberührt lässt. Und das liegt vor allem an Bernhard Hurm: Seine Darstellung des Patriarchen Paul Bogenschütz mit all seinen Erfolgen, seinen Machtansprüchen als Ex-Firmenchef und Familienvater, aber auch nicht verwundenen Kriegstraumata ist so intensiv und authentisch, dass er die Theaterbühne ganz vergessen lässt. Da wurde nichts überzogen, nichts überreizt, nichts vertändelt […].  Freilich kann er dabei auf seine ebenfalls sehr natürlich agierenden Mitspieler zählen. Gerd Plankenhorn als der zur Insolvenzabwendung mit den Chinesen liebäugelnde Firmenchef spielt die verschiedenen Facetten des Dilemmas fein aus und bleibt doch in allem der abwägende, verantwortungsbewusste Unternehmer. Schwester Marlies (Linda Schlepps) gibt eine glaubwürdige Yogalehrerein mit verschiedenen Wellness Filialen in Berlin und Ökobauernhof ab, die dank Vatis Geldbeutel bequem alternativ leben kann. Und schließlich Stefan Hallmayer als schwarzes Schaf der Familie: Sein Späthippie Manfred, Ex-Hausbesetzer, Ex-Sänger einer Band, Vater von vier Kindern in vier Erdteilen und nun erfolgreicher Strandbarbetreiber auf Jamaika, gibt der Inszenierung herrlich schillernde Akzente, ohne der Versuchung zu erliegen, hier zulasten der Glaubwürdigkeit um des Effekts willen zu sehr vom Leder zu ziehen. Er hat genug Lacher auf seiner Seite. Denn auch das bietet die Inszenierung […]. Und schließlich das Schwäbisch. Es hat hier nichts von der sonst gern der Lächerlichkeit preisgebenden tölperlartigen Provinzialität, sondern ist ebenfalls stimmiger Bestandteil einer Natürlichkeit, die der ganzen Inszenierung innewohnt. […] Insgesamt hat das Theater Lindenhof Melchingen mit diesen schwäbischen Buddenbrooks für einen beachtlichen Abend gesorgt, der bei aller Heiterkeit doch sehr nachdenklich macht – über unterschiedliche Zeiten und das „Wo mir sind, isch vorne“, das hier ein deutliches Fragezeichen erhält. (Marita Kasischke)