• Hans im Glück
    Fotograf: Stefan Hartmaier
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Hans im Glück
von Bertolt Brecht

Hans ist ein gutgläubiger und zufriedener Mensch, er lebt mit seiner Frau in ländlicher Idylle.
Ein fremder Herr, dessen Pferd einen Huf verloren hat kommt vorbei. Hans behebt für ihn das Missgeschick und beschlägt das Pferd neu. Derweil spannt der Fremde ihm seine Frau aus und zieht mit ihr davon.

Von da an taumelt Hans als ein Suchender durch das ihm unverständlich gewordene Dasein. Er ist dabei erschütternd wehrlos und trifft auf lauter allein auf ihren Vorteil bedachte Menschen, die ihm nach und nach alle irdischen Güter abluchsen, bis nur noch das nackte Leben bleibt. Das Erstaunliche dabei ist, dass sich Hans seine Zuversicht nicht rauben lässt und jedem Unglück auch ein Glück abgewinnen kann.

Das poetische und kraftvolle Volksstück, das Bertolt Brecht 1919 im Alter von 21 Jahren verfasst hat, ist eine auch heute noch gültige Parabel auf unsere Gesellschaft, unser Dasein und unsere Suche nach Erfüllung und Glück. Das Stück ist vor allem aber auch ein schwebender Szenenreigen, ein verspieltes Theatermärchen, ein surrealer Tanz durch das Leben, mit sehr lebendigen Figuren. Brecht einmal ganz anders, von einer unbekannten Seite. Zart und verletzlich, träumend und nach dem großen Sinn suchend.

Infos


85 Minuten
Es spielen: Cornelius Nieden
Regie: Christof Küster
Bühne und Kostüme: Maria Martinez Peña
Video: Oliver Feigl
Dramaturgie: Franz Xaver Ott
Bühnenanweisung
Premiere: 04.03. 2016, Melchingen

Pressestimmen

  • Da stellt sich die Frage nach Macht- und Gerechtigkeitsverhältnissen, aber auch danach, wie man das Leben bewertet. Ist der Verlust materieller Güter wirklich immer ein Verlust? Ist Nachgeben, wie Hans es tut, nicht oftmals klüger? Oder regieren dann irgendwann die Dummen? Solche Fragen sind in dem Stück in großartigen Szenen und Bildern, unterlegt mit Videoeinspielungen, angesprochen, aber die Antwort wird nicht klar. Zu schwankend ist der Hans angelegt. (...) Wenn man im Lindenhof bei der Premiere am Wochenende dennoch bis zur letzten Minute nicht von diesem armen Tropf auf seinem hoffnungslosen Wege lassen wollte, wenn man mit Hans trauerte und sich mit ihm an Kleinigkeiten freute, dann lag das an der überragenden Darstellung Cornelius Niedens. Freilich auch an den ebenfalls überzeugenden Schauspielerkollegen: Berthold Biesinger und Bernhard Hurm als fiese Gesellen, Linda Schlepps als verzweifelte Ehefrau, Oliver Moumouris als Windhund und Blender und Kathrin Kestler als desillusionierte, eiskalte Schaustellerin. Man sollte sich das Stück ansehen. Aber vielleicht nicht, wenn man anschließend noch etwas Lustiges vorhat.
    Matthias Badura, Hohenzollerische Zeitung, 07.03.2016
  • Hans ist ja auch eher so fürs Freie, Offene, Unbeschwerte. Besitz belastet ja nur. Und so wird ihm bekanntlich nach und nach alles abgeluchst. Oliver Moumouris als rhetorisch versierter Schwerenöter mit leicht aggressiven Untertönen schwatzt Hans dessen liebe Frau ab. Moumouris wird im Laufe des Stücks noch so einige Male als schmierig-erpresserischer Blender- Typus ziemlichen Grusel verbreiten: ein eloquenter Wolf im Schafspelz, der gerne mal über das "Menschliche" doziert. Hans jedenfalls ist jedes Mal mächtig beeindruckt. Cornelius Nieden ist als Hans im Glück ebenfalls bestens besetzt. Er kann unheimlich naiv-dümmlich dreinschauen, ist die Gutmütigkeit in Person, hat zu aller Welt vollstes Urvertrauen, kann zwar "nicht so schnell denken", aber umso rasanter fühlen (...) grinst und strahlt und reißt seine Augen auf, als gäbe es kein Morgen. (...) Hans will Freiheit, Sonne, Wind und Wolken. Und so verkörpert Cornelius Nieden den poetischen Luftikus, den unkonventionellen Müßiggänger, Zwecks- und Zwangsoptimisten, gutmütigen Lebenskünstler, Ökonomie-Verweigerer, naturbekifften Traumtänzer und gutgelaunten Antikapitalisten, der die Leichtigkeit des Seins perfektioniert bis in den Tod.
    Kathrin Kipp, Südwest Presse, 07.03.2016
  • Welch ein Glück für die Zuschauer, dass sich Regisseur Christof Küster von Brechts harscher Selbstkritik nicht abschrecken ließ und dessen Jugendstück "Hans im Glück" trotzdem in Szene setzte. Bei der Premiere im Lindenhof bekamen die Zuschauer einen kraftvollen, stimmigen Bilderreigen zu sehen, ein Meisterstück der Theaterdisziplinen. Damit leistet das Regionaltheater Lindenhof seinen Beitrag dazu, dass dieses lange in den Archiven verstaubte Fragment des großen Dramatikers, das erst im Jahre 1998 in Hamburg uraufgeführt wurde, dem Vergessen entrissen wird. (…) dicht und überzeugend die Ensembleleistung der fünf Lindenhof-Darsteller und ihres Gastschauspielers Cornelius Nieden: Der vermittelt den Zuschauern gekonnt jene Mischung aus Einfältigkeit und Mut zum Neuen, mit dem Hans durch die Welt stolpert.
    Erika Rapthel-Kieser, Schwarzwälder Bote, 06.03.2016
  • Im Berliner Ensemble wird es derzeit als luftig-leicht über die Stränge schlagende Lust am Spiel gegeben. In Melchingen sieht es aus wie ein Lindenhofstück. Was es dort ja in jedem Fall ist. Und ist so sicher näher am Volksstück-Original, das kräftig büchnert, wedekindet und fast auch von Horvath stammen könnte, wiewohl man immer wieder Brecht heraushört. Ein Autor auf der Suche nach seiner Stimme. Ein Stück, das streckenweise nicht gut gearbeitet ist. Und einem trotzdem besser gefällt als vieles aus der Betonphase der Lehrstücke (wiewohl ja auch die Brechtsche Märchenadaption genau besehen ein Lehrstück ist, zumindest eine Parabel.) (...) Das hätte auch Fritz Lang und Lotte Reiniger gefallen: Wie der übergroße Bösewicht dem kleinen Hans seine letzten zehn Pfennige abluchst! Cornelius Nieden als Hans ist der Star des Abends, man merkt es nicht erst am Schlussapplaus. Und er ist wirklich großartig, bringt diese Verwirrtheit und Beschränktheit, diese Balance aus entrückter Dauerfreude und vorüberhuschender Traurigkeit, ja Verzweiflung, die Hans vor allem beim Verlust der Frau, aber auch später noch einmal, fast die Façon rauben. (...) So ist es treffend, dass ausgerechnet der „Freund“ von Hans als Brecht-Wiedergänger kostümiert auftritt. Brillant in Szene gesetzt von Oliver Moumouris, der schon als smarter Höllenhund und Freigeist Feili genau den richtigen Ton trifft. Linda Schlepps gefällt als Hanne, später dann als Mädchen. Ihre großen Minuten hat sie bei ihrem zweiten Hanne-Auftritt, als alleingelassene, schwanger Heimkehrende, eine Frau, die nichts bereut, aber alles bedauert und jedenfalls nicht mehr heimzuholen ist außer von Gevatter Tod.
    Peter Ertle, Schwäbisches Tagblatt, 07.03.2016
  • Starke Darsteller machen die 90-minütige Aufführung zu einem grandiosen Abend. Cornelius Nieden als Hans lässt einen zu keiner Zeit zweifeln, dass er die Idealbesetzung für diese Rolle ist. Seine Augen strahlen, wenn er für ihn scheinbar Wertloses wie sein Haus, seinen Wagen oder sein Karussell hergibt und ihm daraus Kostbares wie vermeintliche Freundschaft erwächst. (...) Der Clou ist neben dem famosen Spiel der Darsteller die Bühne, die Ausstatterin Maria Martinez Peña aus Modulen zu einem beweglichen Ganzen zusammengefügt hat. Im von Christof Küster (Regie) und Franz Xaver Ott (Dramaturgie) schlüssig aufbereiteten Szenenreigen verwandelt sich der schräg nach hinten aufsteigende Bühnenaufbau mal in ein Schienenbett, mal in ein Karussell. Rund wird die Sache aber erst durch Schattenspiele und Oliver Feigls pfiffig integrierte Videos, die der Inszenierung Fenster ins Dies- und Jenseits verschaffen. Und, so viel sei verraten: Nicht nur im Hier und Jetzt regiert der schnöde Mammon. (...) Linda Schlepps überzeugt in einer Doppelrolle als Hanne und Mädchen, Kathrin Kestler als Magd und Karussellweib. Oliver Moumouris manipuliert als Herr Feili und angeblicher Freund ohne jeden Anflug von Skrupeln. Und Berthold Biesinger und Bernhard Hurm haben als Kaufleute und Gauner lebenspralle Auftritte.
    Christoph B. Ströhle, Reutlinger Generalanzeiger, 07.03.2016